Yoga und kulturelle Aneignung - mein Beitrag und meine Gedanken:
Kulturelle Aneignung und der Versuch einer Definition:
Kulturelle Aneignung (englisch cultural appropriation) wird die Übernahme von Ausdrucksformen oder Artefakten, Geschichte und Wissensformen von Trägern einer anderen Kultur oder Identität bezeichnet.
In einem engeren Sinn wird als „kulturelle Aneignung“ angesehen, wenn Träger einer „dominanteren Kultur“ Kulturelemente einer „Minderheitskultur“ übernehmen und sie „ohne Genehmigung, Anerkennung oder Entschädigung“ in einen anderen Kontext stellen (Quelle: Wikipedia).
Soweit so gut. Aber soll Yoga nicht die Welt bereichern und was macht das so problematisch?
Kulturelle Aneignung ist dann problematisch, wenn man sich aus einer Kultur oder Lebensweise nur einen Teil herausnimmt und diesen zu eigenen Zwecken missbraucht bzw. zu Geld macht. Und genau das passiert leider (auch unbeabsichtigt) beim Yoga.
Aber fangen wir mal an, Yoga historisch zu betrachten:
Die Geschichte des Yoga und der Einzug in den Westen:
Yoga hat eine sehr, sehr lange Tradition und ist schon 3500 - 5000 Jahre alt.
Verwurzelt ist diese Philosophie in Indien.
Die ersten Überlieferungen stammen von den Veden - der indischen Hochkultur.
Ursprünglich ist der Yoga-Weg ein Weg zur Erleuchtung.
Es werden Verhaltensregeln im Umgang mit sich und der Umwelt und den Mitmenschen beschrieben. Um Körper und Geist in Einklang zu bringen, wird des Weiteren die Meditation als Hauptelement beschrieben, gefolgt von Atemübungen und auch den körperlichen Übungen, welche wir heute als Yoga auf der Matte kennen.
Die alten Yogaschriften beschreiben nur wenige Körperübungen (ca. 10), welche hauptsächlich als Lockerungen dienten, um länger im Meditationssitz verweilen zu können (Asana; sanskrit = Sitz).
Indien - das Heimatland des Yoga - wurde seit Beginn des 17. Jahrhunderts, aufgrund der Kolonialisierung, westlich geprägt. Da der christliche Glauben implementiert werden sollte, wurde Yoga weitestgehend (unter britischer Herrschaft) unterdrückt und eine Ausübung war verboten.
Als mehr und mehr Fitness-Trends in Europa populär wurden, versuchte man, Yoga in Indien durch Asana-Demonstrationen wieder zu fördern. Somit wurde der körperliche Yoga-Teil auf der Matte nur gepusht, um Yoga überhaupt wieder ausleben zu können.
Wie ihr wisst, sind die Körperübungen nur ein kleiner Teil des Yoga und nicht der "Haupt"-Teil.
Yoga schwappte in den Westen über und wurde immer mehr zum Trend.
Aber soll Yoga nicht die Welt bereichern und weiter getragen werden?
Ja - Yoga soll die Welt bereichern und wird mit Freude von Lehrenden weltweit weiter gegeben.
Jetzt kommt das ABER: es wurden sich im Westen leider oft nur Teile des Yoga herausgenommen, die sich gut vermarkten ließen und den "sportlichen" Teil hauptsächlich ausmachen.
Kultur und Philosophie wurden und werden kaum gelehrt und nicht ausreichend beleuchtet.
Und hier kann man dann leider doch von kultureller Aneignung sprechen.
Die Yogis in Indien wurden lange unterdrückt und strafrechtlich verfolgt, sofern sie Yoga unerlaubt ausübten.
Mit der westlichen Kolonialisierung wurde Yoga "marktfähig abgewandelt" und zum Trend. Alte Traditionen; Philosophien, Mantras, holistische Lebensweisen wurden und werden vernachlässigt.
In den sozialen Medien sieht man akrobatische Glanzleistungen, Werbung für Bier-Yoga und viele neue Kreationen, die nichts mit traditionellem Yoga gemein haben.
Sollte man jetzt im "Westen" lieber kein Yoga mehr üben?
Ein ganz klares NEIN! Yoga soll die Welt bereichern und Yogalehrende auf der ganzen Welt geben ihre alten Traditionen mit Freude weiter.
Es ist dann keine kulturelle Aneignung, wenn wir Yoga als Ganzes weiter geben und uns nicht nur die Filets raus picken, um möglichst viele Yogis in unsere Kurse zu locken, um viel Geld damit zu verdienen.
Yoga sollte Menschen verbinden und ein Beitrag zur Inklusion sein. Yoga ist für alle, für wirklich alle Menschen da!
Mein Beitrag gegen kulturelle Aneignung
Und wie kann jetzt so ein Yogakurs aussehen?
Sicher ist mein Kurs noch lange nicht perfekt. Aber ich bin mir der Umstände bewusst und versuche ihn kontinuierlich zu verbessern. Hier meine Beiträge:
- vor jeder Stunde gibt es ein Yoga-Nugget: Hier erzähle ich in wenigen Sätzen etwas zur Philosophie und Lebensweise der Yogis und versuche die alten Traditionen zu vermitteln
- Yoga ist für alle da: Ich möchte im Yoga inkludieren. Alle Altersgruppen und alle wundervollen Körper.
Egal, ob du Bewegungseinschränkungen hast oder nicht - wir finden dein Yoga.
Zudem sollten die Kurse erschwinglich sein.
Ein flexibles Preismodell, sowie ab und an gratis Kurse (zum Beispiel zu deinem Geburtstag) sind meine Beiträge.
Aber natürlich muss auch ich für Raummiete und Versicherung zahlen, sodass Kursgebühren erhoben werden müssen.
- Yoga Parampara: Die Linie des Yoga, welche seit 5.000 Jahren von Meister*in zu Schüler*in weitergeben wird.
Ich versuche die alten Traditionen und Lehren zu wahren und so zu unterrichten, wie es sich die alten Meister gewünscht hätten (auch wenn der Fokus heute mehr auf dem körperlichen Yoga liegt).
- Ich verfolge regelmäßig Online-Yogakurse aus Indien und schaue mir Art und Weise des traditionellen Unterrichts an.
Yoga ist politisch
Ich hoffe, ich konnte dir dieses wichtige Thema näher bringen.
Yoga ist wirklich auch ein politisches Thema geworden und wir sollten uns bewusst machen, dass das, was wir hier oft in der Werbung sehen, sehr wenig mit traditionellem Yoga zu tun hat und Yoga auch eine lange Geschichte, mit politischem Einfluss des Westens hatte.
Lasst uns gemeinsam zurück zu den Wurzeln des Yoga gehen und es mit viel Ehre und Achtsamkeit ausüben.
Wir können die Vergangenheit nicht rückgängig machen, aber wir können uns informieren und unsere Yogakurse mit viel Respekt und Dank ausüben.
Namasté